Am 11. Oktober 2024 trafen die Biberberatenden des Regierungsbezirks Stuttgart beim diesjährigen Treffen in Großerlach. Die Veranstaltung widmete sich dem Thema „Biberpopulation und Artenvielfalt“. Auch Austausch und Netzwerken standen im Fokus. Regierungspräsidentin Susanne Bay erklärte bei der Begrüßung der Teilnehmenden: „Das große Engagement der Biberberaterinnen und Biberberater in Baden-Württemberg fördert ein möglichst gutes Nebeneinander von Mensch und Biber. Das Bibermanagement und der Umgang mit den positiven als auch konfliktträchtigen Auswirkungen braucht einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch und einen gut funktionierenden Wissenstransfer – auch über die Landesgrenzen hinweg. Nur so kann es uns gelingen, unser Bibermanagement bestmöglich und fortlaufend weiterzuentwickeln.“ Geflutete Auen, wilde Flussläufe und vielfältige Lebensräume – der Biber vollbringt Maßnahmen, die uns Menschen viel Zeit und vor allem Geld kosten. Seine Aktivitäten können – nach einer mehr als 150-jährigen Abwesenheit in Baden-Württemberg –jedoch auch Herausforderungen mit sich bringen. Für eine erfolgreiche Mediation mit Gewässeranrainerinnen und -anrainern kommt hierbei das Bibermanagement des Landes Baden-Württemberg ins Spiel. Neben der Koordination durch die Regierungspräsidien fußt dieses auf dem Einsatz von vielen ehrenamtlichen Biberberatenden. Die durch die höheren Naturschutzbehörden der Regierungspräsidien ausgebildeten Fachleute agieren in ihren jeweiligen Landkreisen als Ansprechpersonen rund um alle Biberangelegenheiten. Sie beraten in Fragen zu Schutzmaßnahmen und Handlungsspielräumen. Weiterhin informieren sie über die Biologie des Bibers und räumen mit falschen Annahmen auf, wie beispielsweise der Auffassung, Biber würden Fische fressen.
Das Treffen der Biberberatenden wird jährlich vom Referat 56 „Naturschutz und Landschaftspflege“ des Regierungspräsidiums Stuttgart zusammen mit einer unteren Naturschutzbehörde des Regierungsbezirks organisiert. Ziel der Veranstaltung ist eine regelmäßige Fortbildung der Ehrenamtlichen zu bestimmten Fachthemen des Bibermanagements. Darüber hinaus soll die Veranstaltung die Möglichkeit eines Austausches zwischen den Beratenden bieten und einer Vernetzung aller Akteure des Bibermanagements dienen.
Dieses Jahr kamen im Rems-Murr-Kreis dazu rund 80 Personen aus dem Regierungsbezirk Stuttgart sowie aus den benachbarten Bundesländern Bayern und Hessen zusammen. In diesem Rahmen konnten die Teilnehmenden spannenden Fachvorträgen zur Wirkung des Bibers zu Gunsten lebendiger Gewässer oder zum Einfluss auf die Vogelwelt folgen. Am Nachmittag erfolgte eine Exkursion in ein örtliches Biberrevier.
„Die Wiederbesiedlung des Rems-Murr-Kreises durch den Biber ist noch recht jung. Hier ist es außerordentlich wichtig, die Menschen mit ihren Fragen nicht allein zu lassen, sondern direkt vor Ort zu sein und umfassend zu informieren. Wir freuen uns, dass wir dabei durch so viele Ehrenamtliche unterstützt werden“ so Regierungspräsidentin Bay.
Hintergrundinformationen:
Seit Ende der 1990er-Jahre kehrt der Biber in seine früheren Reviere zurück. Die baden-württembergische Biberpopulation wird auf etwa 11.700 Tiere geschätzt. Aufgrund der Lebensweise des Bibers ist eine genaue Erfassung der Population sehr schwierig, weshalb bisher keine flächendeckende Erhebung der Biberpopulation in Baden-Württemberg stattfindet. Zur Biberberatung steht ein landesweites Netzwerk von Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern
bereit. Neben den unteren Naturschutzbehörden stehen zwei Bibermanager des Regierungspräsidiums Stuttgart mit Rat und Tat zur Stelle. Zusätzlich unterstützen mehr als 100 ehrenamtliche Biberberaterinnen und -berater in den Landkreisen vor Ort bei der Konfliktberatung. Der Kontakt wird über die Landratsämter vermittelt. Die Einsatzbereiche sind vielfältig – von der Hilfestellung beim Anbringen von Baumschutzdraht bis hin zur Exkursion ins Biberrevier. So findet
sich für alle Konflikte eine passende Lösung. Das wirksamste und effektivste Mittel im Bibermanagement ist meist ein ausreichend breiter, nicht oder nur sehr extensiv genutzter Gewässerrandstreifen, der neben dem Biber auch dem Gewässer, dem Grundwasser und damit uns Menschen selbst zugutekommt. An vielen Flüssen, Bächen und größeren Weihern hat der Biber sich und anderen Arten Lebensräume geschaffen und für Aufmerksamkeit gesorgt. Das kann örtlich Konflikte hervorrufen – beispielsweise wenn der Biber Bäume fällt, das Wasser aufstaut, sodass landwirtschaftliche Flächen vernässen, oder Weiherdämme untergräbt. Das landesweite Bibermanagement zielt auf die frühzeitige Beratung und Vermeidung von Konflikten und Schäden ab. Materialkosten für Präventivmaßnahmen wie Drahthosen zum Schutz von Einzelbäumen oder Material zur Sicherung von Ufern und Dämmen können übernommen werden. Auch die Nutzungsextensivierung von Flächen in Gewässernähe kann über die Landschaftspflegerichtlinie gefördert werden.